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Disput um CO2-Zertifizierungen im Nationalpark Cordillera Azul

Die Ausstellung von Emissionsgutschriften ist fragwürdig. Warum, wird am Fall von TotalEnergies deutlich. Auf Grund eines Projekts des französischen Energieunternehmens haben Kichwa-Gemeinden einen Teil ihres Territoriums verloren.

Durch das internationale Wald-und Klimaschutzprogramm REDD+ soll die Abholzung von Wäldern begrenzt und die Wiederaufforstung gefördert werden. Über die Wirksamkeit von REDD-Projekten und von Emissionsgutschriften wird allerdings intensiv diskutiert. Und zwar nicht nur von Umweltorganisationen, sondern auch vom deutschen Wirtschaftsministerium, das 2023 sagte: „Waldschutzzertifikate sind grundsätzlich klimapolitisch fraglich. Sie repräsentieren keine zusätzlich erreichten Minderungsbeiträge, sondern spekulieren auf vermiedene Emissionen.“

Warum die Ausstellung von CO2-Zertifikaten problematisch ist, kann am Fall des französischen Erdöl-und Gasunternehmens TotalEnergies aufgezeigt werden, welches im Jahr 2001 mehr als 84 Millionen Dollar in ein Nationalpark-Projekt in der peruanischen Urwaldregion San Martín investierte. Das Gebiet umfasst rund 13 Millionen Hektar und liegt im anzestralen Territorium der Kichwa-Indigenen.

Von REDD+ erhielt TotalEnergies für dieses Projekt CO2-Kompensations-Gutschriften, von Seiten der Kichwa erntete das Unternehmen jedoch Kritik. Denn sie verloren dadurch einen Teil ihres Territoriums, das sie nun nicht mehr als Gemeinschaftsland eintragen lassen können. Trotz dieser gravierenden Auswirkung auf die Gemeinden wurden diese nicht vorgängig konsultiert.

Auf einen entsprechenden Brief ans Unternehmen erhielten die Kichwa-Vertreter*innen zunächst gar keine Antwort und bei einem zweiten Versuch einen nichtssagenden Brief von dessen Tochtergesellschaft Total Nature Based Solutions. Mit Hilfe des Instituto de Defensa Legal (IDL) und der Stiftung Fundación para el Debido Proceso (DPLF) begannen sie schließlich mit Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit:

Im Mai 2014 reisten Kichwa-Vertreter*innen nach Paris, um an der Jahresversammlung von Armundi – dem Hauptinvestor von TotalEnergies – zu protestieren. Unter ihnen Marisol Garcia Apagüerno aus der Gemeinde Tupac Amaru in Bajo Huallaga, die an einer Demonstration mit hunderten Aktivist*innen teilnahm, unter anderem von Organisationen wie der Commission Transnacionale de Europe Ecologie les Verte, France Amerique Latino und dem Collectivo de Peruanos en Francia.

Marisol Garcia Apagüerno führte auch Gespräche mit dem französischen Umweltsenator Yannick Jadot und anderen Politiker*innen und wurde von diversen Zeitungen und Radiosendern zu Interviews eingeladen. So konnte sie die Behauptungen von TotalEnergies widerlegen, der ganze Prozess zur CO2-Zertifizierung sei transparent abgelaufen und hätte die internationalen Regelungen zur vorgängigen Konsultation eingehalten.

Bereits im Februar 2024 reisten Apus (indigene Führer) zum weltweit führenden CO2-Zertifizierer Verra nach Washington und forderten ihn auf, solche positiven Gutachten für CO2-Zertifikate in Zukunft zu unterlassen. Eine andere Delegation der Kichwa fuhr im Mai 2024 nach Brasilien, um dort bei einer Anhörung des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte ihre Kritik an TotalEnergies und den CO2-Emissionsgutschriften vorzubringen.

Anfang Juni 2024 kündigte TotalEnergies an, trotz allem weiterhin CO2-Zertifikate aus dem Nationalpark Cordillera Azul zu kaufen – aber in Dialog mit den betroffenen indigenen Gemeinden treten zu wollen. Marisol Garcias Reaktion fiel jedoch skeptisch aus: «Sie sagen damit, dass es ihnen egal ist, dass unsere Rechte weiterhin verletzt werden – und waschen ihre Hände in Unschuld.»

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