Das neue Dokumentarprojekt „Pozos en el Desierto – Brunnen in der Wüste“ von Maga Zevallos zeigt, was der Anbau für den Agrarexport in Ica für die kleinen Landwirte und Landarbeiter*innen bedeutet.
Ica liegt mitten in der peruanischen Küstenwüste und ist in den letzten 30 Jahren zu einem der Hauptanbaugebiete für den Gemüse- und Obstanbau in Peru geworden. Wie bist Du auf das Thema für Dein eben vorgestelltes Projekt „Brunnen in der Wüste“ gekommen?
Maga Zevallos: Vor sechs Jahren fuhr ich das erste Mal nach Ica. Ich stand am Beginn meiner Karriere als Dokumentarfilmerin und wollte etwas machen über die Kleinbauern, und wie sie ihr Land verlieren. Vor Ort erschrak ich, wie wenig Wasser die Menschen zur Verfügung haben, weil die Agrarexporteure den Hauptteil des Wassers verwenden für den Anbau von Weintrauben, Spargel oder Paprika, die nachher in den Export gehen.
Sechs Jahre lang fuhr ich nach Ica, interviewte und filmte Kleinbauern, die lokale Bevölkerung, sprach mit Expert*innen, mit sozialen Bewegungen und den Behörden. Auch als im Dezember 2020 ein landesweiter Arbeitskonflikt der Landarbeiter*innen ausbrach, war ich vor Ort. Erst danach waren auch zwei von der Handelskammer bestimmte Vertrer*innen der Agrarexporteure bereit, vor der Kamera zu sprechen.
Vom peruanischen Kulturministerium habe ich schließlich eine Förderung von 58 000 Soles (rund 13 000 Euro) bekommen. Damit konnte ich den Film fertigstellen. Insgesamt waren bis zu 20 Personen am Film beteiligt, von der Recherche und dem Filmen, bis zur Postproduktion und Musik.
Du greifst in Deinem Dokumentarfilm vier zentrale Aspekte der Landwirtschaft in Ica auf: die Wasserproblematik; die Situation der Kleinbauern, die für den einheimischen Markt und nicht für den Export produzieren; die Arbeitsbedingungen der Landarbeiter*innen auf den Gütern der Agrarexporteure; und die wirtschaftliche Frage und der Gewinn der Agrarexporteure.
Was hat Dich bei all dem am meisten überrascht?
Mich überrascht, wie sehr die Agrarexporteure die offensichtlichen Probleme immer noch leugnen. Zum einen der Wassernotstand, und dass in Ica viel mehr Grundwasser abgeschöpft wird, als nachkommt. Zum Teil auch von nicht genehmigten Brunnen. Der Anbau für den Agrarexport ist so nicht nachhaltig. Aber davor verschließen sie die Augen. Ebenso wie ungleich der Zugang zu den Wasservorräten verteilt ist.
Zum anderen, leugnen sie weiterhin die prekären Arbeitsbedingungen der Landarbeiter*innen. Dies liegt auch an einem Versäumnis des Staates, aber die Agrarexporteure profitieren davon.
Ein zentraler Bestandteil Deiner Transmedia-Produktion waren Diskussionsveranstaltungen über die vier zentralen Themen des Films: Wasser, Kleinbauern, Arbeitsbedingungen, Rendite. Diese brachten Protagonist*innen, Expert*innen und auch Agrarexporteur*innen zusammen. Das ist in Peru weiterhin selten, dass sich Kontrahent*innen an einen Diskussionstisch setzen. Wie habt Ihr das geschafft ?
Ein zentrales Ziel unseres Projektes ist es eben, das Gespräch und die Diskussion anzustoßen. Es hat uns viel Zeit und Mühe gekostet, bis die Vertreter*innen der Agrarexporteure eingewilligt haben. Aber wir haben es geschafft. Ebenso schwierig, war es aktuelle und verifizierte Daten zu erhalten, wie viele Brunnen es tatsächlich gibt in Ica. Auch die Wasserbehörde ANA ist hier nicht transparent. Erst bei den Diskussionsveranstaltungen haben die Agrarexporteure dann Zahlen vorgelegt.
Tatsächlich konnten wir damit einen Dialog anstoßen zwischen den Firmen und den NGOs, der jetzt weitergeht. Die Agrarexportfirmen merken, dass sie unter Beobachtung stehen. Und sie haben große Angst, dass die Kritik in die Länder gelangen könnte, die ihre Produkte kaufen. Im Fall von Ica sind das vor allem die USA, China, Brasilien und zu 8% auch die Niederlande – EU.
Und was empfiehlst Du selbst den Verbraucher*innen in Europa: sollen sie weiterhin Gemüse aus Peru und speziell aus Ica kaufen ?
Ich werde mich hüten, vor dem Kauf von peruanischem Gemüse und Obst zu warnen. Aber ich würde gerne eine Kampagne lancieren, damit auch die Verbraucher*innen in den Absatzländern erfahren, unter welchen Bedingungen ihr Obst angebaut wird. Und es sollte ein Güte-Siegel geben für die Firmen, die sich an die Regeln halten und nachhaltig und arbeiterfreundlich arbeiten, und diejenigen Firmen, die dagegen verstoßen. Es wäre Aufgabe des Landwirtschaftsministeriums, ein solches Siegel einzuführen.
Das Gespräch mit Maga Zevallos führte Hildegard Willer.
Das Transmediaprojekt www.pozoseneldesierto.com vereint kurze Videos, Interviews, Datenzusammenstellungen und die Aufzeichnungen der Diskussionsveranstaltungen auf einer Webseite, und gibt so eine sehr gute Zusammenschau der Situation in Ica. Ica ist ein Hauptstandort des Anbaus für Gemüse und Obst für den Export.
Eine Galerie mit Fotos über die Landwirtschaft in Ica finden Sie hier hier
Ein weiteres Interview mit Maga Zevallos über ihr vorheriges Dokumentarfilmprojekt finden Sie hier
Ein Gedanke zu ““Ein Fairtrade-Siegel für Obst und Gemüse aus Peru“”
Ein beindruckender und wichtiger Dokumentarfilm über die Situation in der Region Ica und die dortigen großen landwirtschaftlichen Produktionen für den Export wie Avocados, Spargel, Wein, etc…Die Frage in dem Film „Warum wird hier Spargel für den Export nach Europa, USA, etc…produziert, der einen extrem hohen Bedarf an Wasser für sein Wachstum hat? Dasselbe gilt für andere Produkte, wie z. B. Avocados, etc…
Diese Situation in der Region Ica ist nicht nur auf diese bezogen, sondern gilt für die fast gesamte aride bis semi-aride Küste Perus, sowie dem Norden von Chile. Soweit ich weiß hat die Fundation Böll der Grünen Partei Deutschlands noch kein Büro in Peru, (?) Aber in Santiago de Chile haben eins und auf ihrer web-site gibt es weitere Informationen zu dem Thema. Hier z. B. auch zu einem Bericht im Weltspiegel der ARD über diesen Wasser Verbrauch und Verschwendung und daraus entstehende Sozial – und Umweltprobleme – https://cl.boell.org/es/2018/03/08/programa-de-television-alemana-weltspiegel-y-cortometraje-de-chile-muestran-el-lado