Die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts in Deutschland – Peru und andere Länder

Rechtsanwältin Ana Melva Pérez de Preitschopf erläuterte in einer Veranstaltung der Infostelle Peru, dem Comité Gestor Internacional, Perú Vision und dem Ilustre Colegio de Abogados de Lima das neue Staatsbürgerschaftsrecht, das unter anderem die doppelte Staatsangehörigkeit ermöglicht.

Anfang Juli veranstaltete die Infostelle Peru zusammen mit dem Comité Gestor Internacional, Perú Vision und dem Ilustre Colegio de Abogados de Lima eine Informationsveranstaltung zum neuen Staatsbürgerschaftsrecht. Wie wichtig die Neuerungen – insbesondere die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft – sind, zeigte nicht nur das große Interesse an der Veranstaltung mit 175 Teilnehmer*innen und weiteren 475 Zuschauer*innen auf Facebook. Auch die Grußworte des peruanischen Botschafters in Berlin und des Direktors des Colegio de Abogados Lima gaben dem Thema ein besonderes Gewicht.

Aufgrund des großen Interesses veröffentlichen wir hier einen Artikel der Referentin zum Thema, der Rechtsanwältin Ana Melva Pérez de Preitschopf (*).

El procedimiento para solicitar la doble nacionalidad puede consultarse aquí.


Wir begrüßen das neue Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts, das am 27. Juni 2024 in Kraft getreten ist. Es entspricht den Erwartungen vieler Menschen aus verschiedenen Ländern, zum Beispiel türkischer, europäischer und lateinamerikanischer Staatsangehöriger, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und Deutsche werden wollen. Mit dem Gesetz hat die Bundesregierung einen großen Schritt getan, denn Deutschland ist ein Einwanderungsland.

Mit dem Inkrafttreten des neuen Einbürgerungsgesetzes haben sich die Voraussetzungen für den Erwerb der doppelten Staatsbürgerschaft in Deutschland erheblich geändert. Das Gesetz führt wichtige Änderungen ein, die es Antragsteller*innen erleichtern, neben der deutschen Staatsangehörigkeit auch ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit zu behalten.

Die doppelte Staatsbürgerschaft ist eine Frage der Grundrechte, denn die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Geburtsstaatsangehörigkeit nicht mehr aufgeben, die als Grundrecht geschützt werden muss. Die Geburtsstaatsangehörigkeit bedeutet oft mehr als die Staatsangehörigkeit eines anderen Landes, da sie mit der persönlichen Geschichte verbunden ist. Sie stellt eine Verbindung zu den persönlichen Wurzeln, der Familie, der Kultur, den Freunden usw. dar. Vor der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts mussten viele Antragsteller ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufgeben, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen wollten. Für viele Menschen war dies ein sehr schmerzhafter Schritt, der mit vielen Nachteilen verbunden war.

Der Verlust der Geburtsstaatsangehörigkeit hat rechtliche, psychologische, soziale und kulturelle Folgen. Der Verzicht auf die Geburtsstaatsangehörigkeit ist stets als Ausnahme und nicht als Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit oder andere Staatsangehörigkeit zu betrachten.  Die Grundrechte des Einzelnen müssen in einem Rechtsstaat immer Vorrang haben.

Doppelte Staatsangehörigkeit

Vor der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts galt in Deutschland das Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit. Doppelte Staatsangehörigkeit war nur unter besonderen Umständen zulässig, zum Beispiel wenn das Herkunftsland die Aufgabe der Staatsangehörigkeit nicht zuließ oder bei Staaten wie der Schweiz und den Mitgliedsländern der EU.

Doppelstaatsbürgerschaft ist die Rechtsstellung einer Person, die gleichzeitig die Staatsangehörigkeit von zwei Ländern besitzt. Diese Person hat in beiden Ländern Rechte und Pflichten. Die Umsetzung des neuen Gesetzes hat konkrete Auswirkungen auf Personen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft anstreben.

Per 27. Juni 2024 wird das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht modernisiert und es wurden wesentliche Änderungen vorgenommen. Meiner Einschätzung nach zufolge profitieren potenziell 12 Millionen Menschen.

  1. Vereinfachte Kriterien für die Einbürgerung: Antragsteller*innen haben vereinfachte Kriterien zu erfüllen. Dazu gehören zum Beispiel Anforderungen an die Aufenthaltsdauer und die Sprachkenntnisse. War bisher eine Einbürgerung nach acht Jahren möglich, sind es nun in der Regel fünf Jahre, bei besonderen Integrationsleistungen sogar nur drei Jahre.
  2. Integration und Partizipation: Die doppelte Staatsbürgerschaft fördert die politische und gesellschaftliche Integration, denn sie ermöglicht die Teilnahme an Wahlen in beiden Ländern und damit die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
  3. Kein automatischer Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit: Deutsche Staatsangehörige, die eine weitere Staatsangehörigkeit erwerben, verlieren nicht automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit.
  4. Beibehaltungsgenehmigung: Für den Erwerb einer weiteren Staatsangehörigkeit ist keine Beibehaltungsgenehmigung mehr erforderlich.
  5. Wiedererwerb der deutschen Staatsangehörigkeit: Deutsche, die vor Inkrafttreten der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts eine andere Staatsangehörigkeit erworben und die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, können nach § 13 StAG die Wiedereinbürgerung beantragen.
  6. Optionspflicht: Die Optionspflicht für Bürger*innen mit mehreren Staatsangehörigkeiten entfällt. Jugendliche müssen sich also nicht mehr bei Erreichen der Volljährigkeit entscheiden, ob sie z.B. die deutsche oder die peruanische Staatsangehörigkeit behalten wollen.

Prozess und Gründe für die Modernisierung

Deutschland ist ein vielfältiges Einwanderungsland – und das schon seit den 1960er Jahren. Millionen Menschen aus anderen Ländern haben in Deutschland eine neue Heimat gefunden. Seit Jahrzehnten leben und arbeiten sie hier. Ihre Kinder und Enkelkinder sind in Deutschland geboren, gehen hier zur Kita und zur Schule. Sie sind Teil unserer deutschen Gesellschaft, wir sind Teil von ihr.

Die europäische Wirtschaft beruht auf Liberalität. Es ist wichtig zu erkennen, dass internationale Zuwanderung notwendig ist, um den Wohlstand zu erhalten. Im Laufe der Zeit haben sich die wirtschaftlichen und finanziellen Faktoren verändert. Deshalb war es wichtig, die Gesetze über die Einbürgerung von Ausländern zu modernisieren.

Am 15. Juli 1999 beschloss die damalige rot-grüne Bundesregierung eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Damit wurde unter anderem der Weg für die doppelte Staatsbürgerschaft geebnet.

Die Staatsangehörigkeit ist ein Band der rechtlichen Gleichstellung, der Partizipation und der Zugehörigkeit. Unabhängig von einer Reform des Staatsangehörigkeitsrechts kann die Partizipation ausländischer Mitbürger*innen weiter verbessert werden. Dazu könnte ein kommunales Wahlrecht für ausländische Mitbürger*innen beitragen, die in Deutschland leben, arbeiten und Steuern zahlen. Ziel ist es, Deutschland für ausländische Talente attraktiv zu machen, um die deutsche Wirtschaft zu stärken und unseren Wohlstand zu sichern.

Zivilgesellschaftliches Engagement und Aktivitäten

Seit mehreren Jahrzehnten gibt es in Deutschland immer wieder zivilgesellschaftliche Bemühungen und Aktivitäten, die zu Gesetzesänderungen im Bereich der doppelten Staatsbürgerschaft beitragen. Der Beitrag türkischer, europäischer und lateinamerikanischer Bürger*innen hat sich dabei als wirkungsvoll erwiesen.

Im Namen der lateinamerikanischen Gemeinschaft wurde 2013 in München ein Komitee gegründet, das sich für die doppelte Staatsbürgerschaft und die Wiedereinbürgerung in Peru einsetzt. Anfangs bestand das Komitee nur aus drei Personen. Im Laufe der Zeit schlossen sich weitere Landsleute an, die in verschiedenen Ländern leben und das gleiche Problem haben. Heute sind wir eine Gruppe, die sich selbst als Internationales Komitee bezeichnet und aus Landsleuten aus acht Ländern besteht.

Es handelt sich um Länder, in denen die Landsleute auf ihre Geburtsstaatsangehörigkeit verzichten müssen, um die Staatsangehörigkeit des Landes zu erhalten, in dem sie leben. Die Mitglieder des Internationalen Komitees sind Fachleute aus verschiedenen Bereichen wie Recht, Psychologie, Ingenieurswesen usw.

Welche Dokumente für die Beantragung der doppelten Staatsangehörigkeit nötig sind, welche Herausforderungen sie beinhaltet und wie die ursprüngliche peruanische Nationalität zurückerlangt werden kann, ist in einem Informationsblatt erläutert, dass Sie hier herunterladen können.

In jedem Fall bietet ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht den Bürgern heutzutage mehr Vorteile als Nachteile.


(*) Die peruanische Rechtsanwältin und Psychologin Ana Melva Pérez de Preitschopf lebt seit 2004 in Deutschland. Sie arbeitet in einer Anwaltskanzlei, die sich auf verschiedene Rechtsgebiete spezialisiert hat, u.a. Internationales Privatrecht, Migrationsrecht, Familien- und Erbrecht sowie als Beraterin in einem Verein, der Migrantinnen berät (www.anamelvaperez.com)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert